Bücherliste

Ausgewählte und kurz vorgestellte Bücher zum Thema Sucht/Drogen/Canabis zusammengestellt von Fr. Voggenthaler.

1. Lisa Lindberg: Wenn ohne Joint nichts läuft
2. H.Peter Tossmann: Haschisch
3. Peggy Mann: Haschisch, Zerstörung einer Legende
4. Nick McDonell: Zwölf
5. Wolfgang Bergmann: Die Welt der neuen Kinder
6. Helmut Kuntz: Cannabis ist immer anders
7. Eckhard Schiffer: Warum Huckleberry Finn nicht süchtig wurde
8. Anonym: Frag mal Alice
9. Jörg Böckem: Lass mich die Nacht überleben



Lisa Lindberg
Wenn ohne Joint nichts läuft
ISBN: 3-530-40148-x

Dies ist der Erfahrungsbericht einer betroffenen Mutter, deren 14-Jährige Tochter Krissi haschischabhängig wird. Die Autorin beschreibt den langen und schweren Weg, den die ganze Familie geht, insbesondere Krissi. Er zieht sich über mehrere Jahre und ist geprägt von Hoffnung, Ängsten, Verzweiflung Unsicherheit und teilweise auch Panik. Aber eines gelingt der Autorin und somit auch ihrer Tochter: Sie bleiben mehr oder weniger während der ganzen Zeit über im Gespräch!
Sehr selbstkritisch setzt sich Lisa Lindberg mit dem Zeitpunkt der " Wende" auseinander. Als es ihr gelingt, ihre Tochter so zu nehmen, wie sie zu jener Zeit war, entscheidet sich Krissi zur Therapie.
Dieses Buch ist gespickt mit sinnvollen und nützlichen Informationen über Cannabis und räumt gründlich auf mit der leider auch heute noch verbreiteten Ansicht, Cannabis sei nicht schädlich, mache nicht abhängig oder sei nicht gefährlich!!!

Heike Voggenthaler, 23.06.03

H.Peter Tossmann
Haschisch
ISBN: 3-407-88276-9

Sechs Fallbeschreibungen oder Lebensgeschichten, alle unter Berücksichtigung folgender Aspekte:
  • Soziale Daten
  • Alltag und Drogenkonsum
  • Geschichte des Drogenkonsums
  • Kindheit und Jugend
  • Selbstinterpretation

  • Der Autor unterscheidet noch einmal ganz klar:
    Haschischkonsum:
    "Haschischkonsum ist nicht gleich Haschischkonsum"
    Drogenkonsum
    "Der Betreffende weiß, dass andere Marihuana benutzen , um high zu werden, doch er weiß nicht, was das konkret bedeutet."
    Gewohnheitskonsum:
    Nach den ersten Drogenerfahrungen setzt der Neuling den Konsum in der Regel nur fort, wenn dies in seinem Bezugssystem (Einzelne Freunde, Clique) üblich ist oder gar eine ideologische Bedeutung hat. Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Fortsetzung des Haschischkonsums ist die bei den Konsumenten weit verbreitete Annahme, dass Haschischrauchen völlig ungefährlich ist."
    Haschischabhängigkeit:
    Nach Einschätzung von Drogenexperten kann ein anhaltender Konsum von Haschisch zu einer Drogenabhängigkeit führen, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als spezifischen Abhängigkeitstyp definiert hat.
    "Hier wird noch einmal der Funktionswandel des Haschischkonsums deutlich. Während in der Anfangszeit Cannabis zur Herbeiführung positiver Stimmungen diente, ist die Funktion des abhängigen Cannabiskonsums das Vermeiden von negativen Stimmungen.

    Heike Voggenthaler, 24.06.03

    Peggy Mann:
    Haschisch, Zerstörung einer Legende
    ISBN:3-596-15158-9

    Der Stoff, um den es bei Cannabis geht, ist THC-Tetrahydrocannabiol. Er wird erst aktiv, wenn man ihn raucht, kocht oder backt.
    2001 waren 421 verschiedene Stoffe bekannt, die Cannabis enthält. Wenn man Cannabis raucht, verwandeln sich diese 421 Substanzen in noch weitere, insgesamt mehr als 2000 Substanzen.
    "Etwas machen sich nur wenige Leute klar, nämlich, dass das THC sehr verschieden ausfällt. Wenn man eine Schachtel Zigaretten kauft, kann man sicher sein, dass die nächste Schachtel derselben Marke genau gleich ist in Geschmack und Stärke. Das passiert jedoch bei Joints niemals."
    Heutige Joints enthalten erheblich mehr des schädlichen THC (4-fache Menge)als vor einigen Jahren.
    Peggy Mann beschreibt in diesem Buch Versuche, die man in den USA hauptsächlich an Affen gemacht hat, um die schädliche Wirkung des THC's
    zum Beispiel auf das Gehirn nachzuweisen.
    Sie stellt eindrucksvolle Fallbeispiele vor, geht intensiv auf die unterschiedlichen
    Folgen von Alkohol- und Cannabiskonsum ein und verdeutlicht, was Cannabiskonsum anrichten kann:
  • im Gehirn
  • in den Lungen
  • am Herzen
  • bezogen auf Sexualität
  • bezogen auf Fortpflanzung
  • im Immunsystem
  • in der Zelle

  • Heike Voggenthaler 23.06.03

    Nick McDonell:
    Zwölf
    ISBN: 3-462-03228-3

    Größtenteils geht es in dem Roman um Kinder reicher Eltern, die die Ferien mit Drogenpartys genießen. Die meisten sind Weiße.
    Eine wichtige Rolle spielt auch eine neue Extacymischung: Zwölf!
    Die Hauptperson ist White Mike, ein äußerst erfolgreicher Drogendealer,
    der, wie allen bekannt ist, fast auf jeder Party liefert.
    Allerdings bringt ihm die neue Droge einen Konkurrenten ein: Lionel. Diesen mag er nicht, denn er erscheint ihm skrupellos. Dann erschießt Lionel Mikes Cousin Charly und Nana, einen Schwarzen.

    Als White Mike davon erfährt, ist bereits die größte Silvesterparty bei Chris im Gange. Er weiß, dass Lionel dort einer Kundin die neue Droge verkauft. Er sucht ihn und findet ihn mit seiner Kundin im Bett. Als er ihn wegen seines Cousins zur Rede stellt, kommt es zu Schießerei und White Mike wird verletzt. Auf einmal steht Claude, der Bruder von Chris, auf dem Flur und erschießt alle im Haus. Alle außer seinem Bruder Chris, der sich versteckt, und bis auf seinen Freund Tobias, der entkommen kann.

    Heike Voggenthaler, 10.06.03

    Wolfgang Bergmann:
    Die Welt der neuen Kinder
    ISBN:3-530-30061-6

    Der Autor beschreibt folgende Situation, die es zwischen Erwachsenen und Kindern immer wieder gibt und die er als Schlüsselerlebnis für ein tiefes Vertrauen hält: "Wir berührten wissend oder unwissend, willentlich oder unwillentlich, einen gemeinsamen seelischen Punkt. Er liegt in der Regel außerhalb der Vernunft. Solche Momente sind vielleicht die wichtigste Quelle erfolgreicher Pädagogik oder Psychotherapie."

    "Jedes pädagogische Bemühen bleibt vergeblich, wenn es in der Psyche eines Kindes keine Antwort findet."
    "Der moderne Vater, wie ich ihn mir vorstelle, erhebt diesen anonymen normativen Anspruch nicht. Er muss alles vor sich selbst und durch sich selbst vertreten. Aber vertreten muss er es! Die meisten Kinder haben heute nicht unter einem Mangel an Autorität zu leiden, sondern an einem Mangen an Sein, bei ihren Eltern, bei ihren Lehrern. Ein Zusammensein in diesem einzigartigen modellhaften Spannungsfeld Familie, in dem ein Kind ein Kind ist, ein Vater eine Vater und eine Mutter eine Mutter, erzeugt ein Lernen, dass sich in keinem Cyberspace repräsentativ auffinden lässt."
    Der Autor erklärt , Familie, Erziehung und Schule vor dem Hintergrund der virtuellen, multimedialen Welt , in der Kinder heutzutage aufwachsen. Er geht dabei in einfühlsamer, aber unmissverständlicher Weise auf das ein, was in vielen Familien heutzutage abläuft. Er arbeitet klar und konkret heraus, was Familie heute leisten kann oder muss. Gerade, weil die Welt der Kinder multimedial ist, es alles gibt, ständig ein Überangebot vorhanden ist, wird Familie und Beziehung immer wichtiger. Wenn Familie in Form von Liebe, Verständnis, Konsequenz, gegenseitiger Rücksichtnahme, Autorität, Vater und Mutter, nicht mehr gelebt werden kann, hat das für Kinder und somit auch für die Gesellschaft weit reichende Folgen. Ebenso kann die permanente Beschäftigung mit dem beziehungslosen Computer ihr Unheil anrichten.
    "Erziehung ist schwieriger geworden.... unmöglich ist sie aber nicht."

    Heike Voggenthaler, 24.06.03

    Helmut Kuntz:
    Cannabis ist immer anders
    ISBN: 3-407-22832-5

    Ein aktuelles, für Erwachsene wie Jugendliche gleichermaßen nützliches Buch zum Umgang mit Haschisch und Marihuana. Der Autor beginnt mit einem Überblick zur Geschichte und zum Mythos der Hanfkultur und informiert über alles
    Bedeutsame und Nützliche, das es zu Cannabis zu wissen gilt: Daten, Fakten und Erklärungen zur Verbreitung und Verwendung, zu den Gebrauchsmustern verschiedener Konsumentengruppen sowie zu unterschiedlichen Wirkungen der Mittel. Es folgt ein gründlicher Einblick in den Drogenalltag und in die Lebenswirklichkeit von Cannabisgebrauchern und es werden familiäre und gesellschaftliche Muster geschildert, die einen Drogenmissbrauch begünstigen.

    Eckhard Schiffer
    Warum Huckleberry Finn nicht süchtig wurde
    ISBN 3-407-22004-9

    Der provokative Untertitel "Anstiftung" gegen Sucht und Selbstzerstörung sagt eigentlich schon alles. "Kinder gehen letztlich uns alle etwas an. Aber sie passen nicht mehr in unsere auf Reibungslosigkeit und Leistung bedachte Gesellschaft."
    Für den Autor fängt Suchtprävention sehr früh an, nämlich im Kinderzimmer. Für ihn ist das Wichtigste, dass die Kinder lernen, ihre Fantasie zu entwickeln, Raum genug haben , ihre Träume ausleben zu können und Eltern haben, die bereit sind, dies alles zuzulassen und zu lenken.
    "Eine lebendige Fantasie, mit der über eigene Bilder verfügt werden kann, und über die das Spielen den Anschluss an die äußere Realität wiederfindet, stellt den besten Schutz gegen jedwede Suchterkrankung dar."
    "Eine unmittelbare Folge von Fernsehen und Videos ist, dass die Kinder außer Comics nichts mehr freiwillig lesen, weil lesen so langweilig ist - es stellen sich keine inneren Bilder beim Lesen mehr ein."
    Schiffer äußert sich auch kritisch über das Sucht- und Konsum-verhalten der Eltern:
    "Das Konsumverhalten der Eltern hat unmittelbare Einwirkung auf das der Kinder. Wesentlich ist dabei auch, für das soeben Gesehene die Möglichkeit eines Gesprächs als Freiraum bereitzuhalten."
    Natürlich sieht der Autor auch Schule kritisch und fordert:
  • Ausgleich des Mangels an sinnhaften Erfahrungen (Synästhetisches Defizit) insbesondere über die konkretisierbaren Einwirkungsmöglichkeiten der Schule.
  • Kritische Reflexion des Leistungsideals und der Unterrichtsgestaltung durch Lehrer und Eltern.
  • So sehen wir, dass Huckleberry Finn nicht süchtig geworden ist und Pippi Langstrumpf auch nicht! An dieser Stelle dürfen wir uns die Frage stellen, wie wir als Eltern hätten sein müssen, damit die beiden, hätten sie Eltern gehabt, auch glücklich geworden wären.

    Heike Voggenthaler, 24.06.03

    Anonym
    Frag mal Alice
    ISBN 3-423-78170-X

    In diesem Buch geht es um die 15jährige Alice, die ihre Sorgen und Wünsche einem Tagebuch anvertraut. Auf einer Party nimmt sie zum ersten Mal unfreiwillig Drogen. (Ihr wird eine Extasy-Pille in die Cola gemischt.)
    Später ist sie ganz begeistert und will es noch einmal versuchen, nur dieses eine Mal. Im Laufe der Zeit gerät sie immer mehr in den Teufelskreis der Drogen. Nachdem sie ihren Freund mit einem Mann im Bett erwischt hat, haut sie schließlich mit ihrer Freundin Chris ab nach San Franzisko. Dort läuft zuerst alles gut. Als sie wieder unter den Einfluss von Drogen gerät, wird sie von ihrer Chefin und derer Mann sexuell belästigt. Sie entschließt sich wieder nach Hause zu gehen. Ihre Eltern sind froh, und sie geht wieder zur Schule. Dort wird sie jedoch von ihren früheren Freunden, die immer noch Drogen nehmen, belästigt. Manchmal werden sie sogar handgreiflich. Das macht ihr Angst. Sie findet es auch erschreckend, dass sie vor 2 Monaten noch mit diesen Leuten befreundet war. Sie reißt noch zweimal aus, bis sie sich schließlich, als ihre Eltern im Kino sind, selbst umbringt.
    Diese Geschichte ist in Tagebuchform geschrieben und ich finde es bemerkenswert, dass sie bereits vor 15 Jahren geschrieben wurde. Ebenso könnte sie aus der Feder eines Drogenabhängigen in der heutigen Zeit stammen..

    Florian Voggenthaler, 01.06.03

    Jörg Böckem
    Lass mich die Nacht überleben
    ISBN: 3-421-05775-3

    „Er ist Journalist, schreibt seit den Neunzigern für die renommiertesten deutschen Zeitungen und Magazine. Und er ist ein Junkie. Im Alter von 14 Jahren hat er sich in den Drogenrausch verliebt, damals in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt. Haschisch, LSD, Kokain und Heroin. Mit 19 bringt ihn seine Heroinsucht zum ersten Mal ins Gefängnis, mit 33 versucht der Journalist im Drogenrausch, seine Freundin zu erwürgen. Der Autor erzählt von seinem Doppelleben als Journalist und Junkie: von Verzückung und Verzweiflung, Haft und Hepatitis, Partys und Porno-Dreh, Karriere und Koma, Abstinenz und Absturz. Er durchbricht sein zehnjähriges Schweigen und ein gesellschaftliches Tabu. Wie viele andere Drogensüchtige, die im Beruf Erfolg haben und weiter funktionieren, hat er ein Doppelleben geführt. Ein Leben mit der Sucht - zerfressen von Versagensangst, Scham, Selbsthass und der ständigen Gier nach Drogen. Die Geschichte einer doppelten Karriere.“

    Der Autor beschreibt seine intensiven Gefühle, seine Zerrissenheit und den chaotischen Teufelskreis seines Lebens sehr eindrucksvoll. Dadurch wirkt die Geschichte authentisch und der Leser kann sich leicht mit dem Autor identifizieren. Das Auf und Ab einer Drogenkarriere wird deutlich, geprägt von Hoffnung auf der einen Seite und ständiger Angst vor Selbstzerstörung auf der anderen.
    Das Einzige, was den Autor immer wieder dazu motiviert, die ihm schon bekannten Qualen eines erneuten Entzugs auf sich zu nehmen, ist die Liebe und die Leidenschaft, mit der er seinen Beruf ausübt. Sein „Schreiben“ hält ihn am Leben und weist ihm jedes Mal wieder den Weg. Deshalb halte ich ganz persönlich dieses Buch besonders für Jugendliche sehr geeignet.

    Heike Voggenthaler, 20.08.06